Neue Krise bei Rosenthal

Rosenthal Porzellan erneut in tiefer Krise

Urheber, Quelle und Text: Bayerischer Rundfunk 16.07.2024

 

Nach der Ankündigung von Stellenstreichungen beim Porzellanhersteller Rosenthal liegen nun ein Interessenausgleich und ein Sozialplan vor. Laut der Vereinbarung von Geschäftsführung, Gesamtbetriebsrat und Gewerkschaft sollen knapp 100 Jobs wegfallen.

Nach der Ankündigung von Stellenstreichungen beim Selber Porzellanhersteller Rosenthal liegen nun ein Interessenausgleich und ein Sozialplan vor. Die Vereinbarung zwischen Geschäftsführung, Gesamtbetriebsrat und der Gewerkschaft IGBCE wurde bereits in der vergangenen Woche geschlossen, teilte das Unternehmen am Montag auf BR-Anfrage mit. Demnach sollen in dem Unternehmen insgesamt 97 Jobs sozialverträglich abgebaut werden.

Personalabbau bei Rosenthal betrifft alle Bereiche

Ein Teil der Arbeitsplätze werde durch Pensionierungen, Altersteilzeitvereinbarungen und die Auflösung von Zeitverträgen eingespart. In geringem Umfang werde es aber auch zu Personalabbau durch betriebsbedingte Kündigungen kommen. Die endgültigen Zahlen würden erst bekannt gegeben, wenn das Programm endgültig umgesetzt sei, hieß es.

Der Stellenabbau wird nach Angaben des Unternehmens alle Rosenthal-Bereiche betreffen - die Hauptverwaltung in Selb im Landkreis Wunsiedel als auch die beiden Fabriken in Selb/Rothbühl und in Speichersdorf im Landkreis Bayreuth. Außerdem werden das Rosenthal Outlet in Bodenmais und der Rosenthal-Shop in der Galeria-Filiale in Nürnberg bis Ende des Jahres schließen.

In erster Linie sei aber die Hauptverwaltung betroffen, da man diese schlanker und effizienter organisieren müsse, schrieb das Unternehmen. Rosenthal beschäftigt an seinen Standorten derzeit insgesamt 700 Mitarbeiter.

Produktionskosten gestiegen, Kauflaune gesunken

Als Hauptgrund für die Sparmaßnahmen gibt das Unternehmen seine angespannte wirtschaftliche Lage an. Die Marktsituation sei anhaltend schwierig, steigende Kosten träfen auf niedrige Konsumausgaben in Deutschland und weiteren Ländern. Die Ergebnisse der bereits seit längerem laufenden Restrukturierungen hätten nicht ausgereicht, um die wirtschaftlichen Einbrüche aufzufangen.


 

Hintergrund zu Rosenthal

Urheber, Quelle und Text: Knud Holst

 

In den 145 Jahren ihrer Firmengeschichte hat der Name Rosenthal schon so einige erlebt und für jeden Branchenkenner den Glanz der Edelmarke "Rosenthal - Made in Germany" vollkommen verloren. Letztlich ist es schon Philip Rosenthal in den 17 Jahren seines Unternehmensvorsitz in Vorstand und Aufsichtsrat (1972-1989) schon nicht gelungen, den Glas- und Porzellanhersteller als reine Kunst- und Designmarke zu etablieren. Nach seinem Abdanken und einer Sozialisierung der Aktienanteile folgten turbulente Jahre, die von einem kontinuierlichen Niedergang der Marke Rosenthal und den vielen Rosenthal-Studios begleitet war. 1996 tauchte Rosenthal Porzellan dann plötzlich mit seinen Hotelserien im niedrigen Preissegment der Cash+Carry Märkte auf. Mit großen Kundgebungen versuchten vor allem anteilseigene Mitglieder der Belegschaft gegen das Missmanagement der Firmenleitung, seinerzeit Vorstandsvorsitzender Küsel zu demonstrieren. 

Nach der Totalinsolvenz im Jahre 2009 wurde die Marke Rosenthal und Hutschenreuther, wie ein kleiner Teil der Produktion vom italienischen Investor Pierluigi Coppo übernommen und vertrieblich in den Sambonet Konzern eingebunden. 2019 ließ der Konzernchef verlautbaren, Rosenthal ginge es gut und die Geschäfte laufen hervorragend. Heute kauft Rosenthal einen Teil ihres kommerziellen Sortiments auch in Asien zu. Damit begibt sich die einstige Edelmarke auf das Niveau der Handelsmarken mit qualitativ vergleichbaren Produkten. Dass sich dies weder mit dem Anspruch noch mit der Kostenstruktur einer Weltmarke verträgt, was schon seit Jahrzehnten absehbar. 

Damit steht Rosenthal als eines der letzten noch existierenden Beispiele für das Missmanagement in der Porzellanindustrie, getragen von legislativen Vorständen, die ohne langfristige Visionen ein Traditionsunternehmen regiert haben. Was für eine Schande!

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