Unterglasurdekore

Unterglasurdekore sind Veredlungen des Porzellans, die vor dem Glasurbrand (Glattbrand) auf den biskuitharten Scherben aufgetragen werden. Nach dem Aufbringen der Veredlung werden Scherben und Dekor gemeinsam glasiert und anschließend gebrannt.

Der Porzelliner bezeichnet den Unterglasurdekor als die hohe Kunst der Porzellanveredlung, weil nicht nur die dafür notwendigen Farben sehr teuer sind, sondern auch das handwerkliche Geschick der Dekorateure und Porzellanmaler sehr ausgeprägt sein muss. Historisch gesehen ist der Unterglasurdekor eng mit der (Weiter-)Entwicklung des europäischen Porzellans verbunden. Ursprünglich wurde diese Art der Porzellandekoration nur dazu verwendet, die Herkunft eines Porzellanstückes zu kennzeichnen, also dem Produkt sein Markenlabel aufzudrucken.

Erst weit nach Böttger & Tschirnhaus kam man in Deutschland über die Handmalerei zu den typischen Unterglasurdekoren "Zwiebelmuster" und "Indischblau". Die Briten schafften es unter Wedgewood, die bekannten "Wildmotive" auf einem porzellanähnlichen Stoneware-Scherben ebenfalls im Unterglasurverfahren aufzubringen.

Wie erwähnt, werden im Unterglasurverfahren Scherben und Dekorfarben zusammen gebrannt. Also müssen die Dekorfarben einen Temperaturbereich von mehr als 1.300 °C überstehen. Bei so einer Hitze verbrennen natürliche Farben biologischer oder tierischer Herkunft vollkommen. Es bedarf Farben und Additive mineralischen bzw. metallischen Ursprungs. Anfang des 17. Jahrhunderts standen für die Unterglasurveredlung nur drei Farben zur Verfügung.

 

  • grün - gewonnen aus Chromoxid
  • blau - gewonnen aus Kobaltoxid
  • braun - gewonnen aus Kupferoxid

 

Die Zusammensetzung und Reinheit der metallischen Farben bestimmten dann den Grad der "Ausblutung", also wie weit sich eine Farbe zwischen Scherben und Glasur ausdehnt (verwäscht) und dabei an Intensität verliert. Unser Bild oben zeigt eine Bodenmarke aus Chromoxid mit der Aufschrift "Made in Bavaria" zusammen mit gekreuzten Blumen (Rosen). Es dürfte sich damit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit um eine Dekoration aus dem Hause Philipp Rosenthal (I.) handeln, dem zumindest geistigen Vater der Kollektion "Classic Rose", die sein Sohn Philip (II.) erst einige Jahrzehnte später realisieren konnte.

Die am 23. August 1887 durch die Briten verfasste Verordnung des "Merchandise Marks Act 1887" zwang den deutschen Produkten die Kennzeichnung "Made in Germany" auf. Demnach ist die Bodenmarke nicht älter als 1890, denn in diesem Jahr beschloss Prinzregent Luitpold von Bayern, sich durch "Bavaria" von "Germany" abzusetzen. Nach der Enteignung der Familie Rosenthal 1941 erhielt zwar das Werk Rosenthal eine Sondergenehmigung zur Fortführung des Markennamens, aber der Propagandaminister der NSDAP - Joseph Goebbels - wünschte sich dringlichst eine rein arische Marke. So produzierte Rosenthal auch Wehrmachtsgeschirr und andere Bodenmarken. Das Ausbluten des Chromoxids deutet auf einen niedrigen Reinheitsgehalt hin, was auf einen Zeitraum nach 1942 hinweist, in dem die Rohstoffzuteilung nahezu nur noch der Rüstungsindustrie zugute kam. 1950 nahm Philip Rosenthal II. das Eigentum der Familie zurück und begann den Aufbau der Premiummarke Rosenthal. Demnach stammt der Bodenstempel aus der Zeit zwischen 1942 und 1945. Unseres Wissens nach hat keine andere Manufaktur ein Signet mit gekreuzten Blumen verwendet.

 

Die Unterglasurmarke ist den eigentlichen Porzellanherstellern vorbehalten, da diese eine weitere bzw. spätere Kennzeichnung unmöglich macht. Unser zweites Bild zeigt sehr schön, dass dem Dritten Reich um 1942 regelrecht "der Sprit" und das Kobalt ausgegangen ist, denn gegen Kriegsende wurden auf bestehendes Porzellan nur noch "billige" Aufglasurmarken gebrannt. Unterglasurmarken lassen sich nur schwierig mit neuen, anderen Marken überdecken. Man spricht dann von sog. Bodendeckern.

Es ist vor allem deshalb den eigentlichen Herstellern vorbehalten, weil auch die II. und III. Wahl die Bodenmarke trägt. Sprich, eine Absortierung und Verwertung des Ausschusses müsste der Kunde komplett selbst übernehmen. Diesen Luxus kann und will sich jedoch kein anderer leisten als der Hersteller selbst.

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