Thermoschockresistenz

 

 

 

 

 

 

 

Thermoschockresistenz von Porzellan- und keramischen Scherben

Die "fachchinesische" Definition eines Thermoschocks finden Sie am Ende dieses Beitrages. Der Thermoschock zählt weitestgehend zu den natürlichen Feinden des Porzellans und der herkömmlichen Keramik und stellt sich oft auch zunächst unsichtbar dar. Unter Thermoschock verstehen wir den schnellen Wechsel von kalt zu warm (heiß) oder auch umgekehrt von heiß zu kalt.

 


 

Wo entsteht Thermoschock?

Gerade in der Gastronomie- und Großküche entsteht der Thermoschock schnell durch ungelerntes Personal. Ein typisches Szenario ist: Raus aus dem Kühlhaus und rein in den Kombidämpfer. In der Hotellerie, in Bistros, Cafés und in Privathaushalten tritt die Thermoschockbelastung immer dann auf, wenn Speisen, Suppen oder Heißgetränke direkt aus dem Kochtopf - oder aus der Maschine - in nicht vorgewärmtes Porzellan umgefüllt wird. 


 

Verhinderung des Thermoschocks!

Eine gute Kaffeemaschine hat die Tassenwärmerfunktion auf ihrer Oberseite nicht zum Spaß! Zum einen kann man in vorgewärmte Tassen tatsächlich 70 - 90 °C heißes Wasser (Tee, Kaffee u.ä.) einfüllen, und zum anderen bleibt das Getränk für den Gast länger warm (standfest). Wärmeschränke, Tellerwärmer und beheizte Tellerspender leisten Gleiches bei Flachteilen.

Jegliche Art des Vorheizens oder Vorwärmens senkt die bei einem Thermoschock bestehende Temperaturdifferenz erheblich ab. Es geht dabei nur darum, diese Temperaturdifferenz durch einen Reduzierungsgrad zu verringern. Dazu ein Beispiel:

Tasse  Zimmertemperatur 21 °C vorgewärmtes Warmwasser 38 °C vorgewärmter Spender 50 °C
Heißwasser für Tee 92 °C 92 °C 92 °C
Thermoschockbelastung 71 °C 54 °C 42 °C
Reduzierunggrad 0% 24% 60%

 

Fazit: Wer sein Geschirr vorwärmt, reduziert die Gefahr eines Thermoschocks erheblich!

 


 

Thermoschock kann man hören! 

Den Bruch des Porzellans anläßlich eines Thermoschocks kann man gut hören: Es kommt zu einem (1 x) leisen Knacken. In vielen Fällen sind die Bruchstellen zunächst nicht sichtbar, was den ungeschulten Anwender verleitet, das jeweilige Teil weiter zu benutzen. Das ist ein Fehler! Einmal "geknackt", sollte das Porzellan unbedingt aus dem Verkehr gezogen werden, um später einen größeren Schaden oder sogar Verletzungen zu vermeiden.

 


 

Thermoschock - ein Schadensbeispiel

Holst Porzellan liefert Porzellankännchen für Krankenhaus-Speisenverteilsysteme. In einem Krankenhaus greift ein Patient nach einer solchen Kanne und führt diese, um sich nachzuschenken, vom Tablett über seinen Körper. Plötzlich reißt der Boden der Kanne und der Patient verbrüht sich mit dem heißen Kaffee seine Oberschenkel. Einen Tag nach der Schadensmeldung führten wir unverzüglich einen Ortstermin durch.

Es stellte sich heraus: Der Kaffeecontainer auf der Station war falsch eingestellt, bzw. war das Thermostat defekt. Die Einfülltemperatur betrug mehr als 80 °C und lag damit auch oberhalb der trinkbaren Temperatur. Die Thermoschockbelastung lag bei 60 °C und mehr. Eine Überprüfung weiterer Kannen ergab, dass rund 20% aller Porzellankännchen Spuren eines Thermoschocks aufwiesen.

Das Krankenhaus musste dem Patienten EUR 20.000,-- Schmerzensgeld zahlen. Ob der Hersteller bzw. der Kundendienst des Kaffeespenders den Schaden mitgetragen hat, entzieht sich unserer Kenntnis. Wären wir nicht direkt vor Ort gewesen und hätten die Beweise sichergestellt, hätte man uns wohl zu Unrecht zur Rechenschaft gezogen!

Das Personal dieser Krankenstation war in Sachen Porzellan nicht geschult und hatte für die Ausgabe keine Sorge getragen. Der Schadensfall geht eindeutig zurück auf menschliches Versagen und mangelnde Unterweisung. 

 


 

Porzellan und keramisches Geschirr sind vor Thermoschock zu schützen 

Generell darf gewöhnliches Gebrauchsporzellan keinem Thermoschock ausgesetzt werden. Dabei gilt die Faustregel: Je dünner der Scherben des Porzellans, desto höher die Empfindlichkeit gegen Thermoschock. Porzellan - also auch Hartporzellan (Feldspatporzellan) - besteht aus zwei Materialkomponenten: Glasur und Scherben. Der Scherben - also der "Körper" des Porzellans - reagiert bei einem Thermoschock träger als die Glasur. Je mehr Masse ein Scherben (Körper) besitzt, desto geringer ist sein proportionaler Ausdehnungskoeffizient. Mit anderen Worten: Je dicker ein Porzellankörper, desto höher seine Thermoschockresistenz.

 


 

High Alumina von Holst Porzellan ist thermoschockresistent!

Sämtliche Artikel der Kollektion "High-Alumina-Porzellan" von Holst sind thermoschockresistent! 

Aufgrund seiner hohen Dichte und seiner besonderen Rezeptur ist High-Alumina-Porzellan eines der wenigen Porzellangeschirre für Tisch und Tafel, die thermoschockbeständig sind. High-Alumina-Porzellan hält einen Temperaturschock von bis zu 200 °C aus. Um jedoch produktionsbedingte Schwankungen auszugleichen und eine "Speed-Reserve" zu behalten, garantieren wir eine Thermoschockbeständigkeit von +/- 180 °C, also zum Beispiel von minus 20 °C auf plus 160 °C.

Damit ist High-Alumina-Porzellan besonders geeignet für die Verwendung zur Regeneration von Speisen im Convectomaten, für Convenience-Food sowie für das Überbacken oder Nachgaren direkt im Ofen. 

 


 

Physikalische Definition eines Thermoschocks

Unter Thermoschock versteht man die schnelle, schockartige Änderung der Temperatur eines Materials. Dies führt zu mechanischen Verspannungen zwischen dem äußeren (Mantel) und dem inneren Bereich (Kern), da sich ein Material außen schneller erwärmt oder abkühlt als innen. Das Material wird dauerhaft beschädigt, wenn der Temperaturunterschied einen bestimmten Wert übersteigt. Dieser kritische Temperaturwert wird wie folgt beeinflusst: 

1. Der lineare thermische Ausdehnungskoeffizient a [K –1] gibt die prozentuale Dehnung des Materials bei einer Temperaturänderung von 1K an. Ein Material mit einem kleinen linearen thermischen Ausdehnungskoeffizienten ist gegen einen Thermoschock beständiger. 

2. Die Wärmeleitfähigkeit l [Wm –1 K –1] gibt die Geschwindigkeit des Transportes von Wärme durch ein Material an. Eine große Wärmeleitfähigkeit sorgt für eine größere Beständigkeit gegen einen Thermoschock. 

3. Die Poissonzahl n gibt das Verhältnis zwischen Längendehnung und Querkontraktion an. Eine kleinere Poissonzahl sorgt ebenfalls für eine höhere Thermoschocktoleranz. 

4. Das Elastizitätsmodul E [GPa] ist ein Maß für die Steifigkeit. Ein kleineres E-Modul bewirkt eine höhere Thermoschocktoleranz. 

5. Die Festigkeit sf [MPa]. Eine größere Festigkeit erhöht die Thermoschocktoleranz. Nach dem Thermoschock der Proben soll das E-Modul mit Hilfe eines akustischen Verfahrens gemessen werden. Hierbei wird die Schwingung der Probe mit Hilfe eines kleinen Hammers und einem Mikrophon ermittelt. Außerdem soll durch einen 4-Punkt-Biegeversuch die Restfestigkeit nach dem Thermoschock ermittelt werden. Die Festigkeit ist die Größe, mit der die Kraft angegeben wird, die auf eine Probe wirken muss, damit diese zerbricht. Also die Festigkeit, die die Probe nach dem Thermoschock noch besitzt.

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