Vitrifikation

 

Der englische Begriff Vitrification (Vitrifikation) bedeutet in der deutschen Übersetzung "verglasen" bzw. "zu Glas verschmelzen". Er stammt aus dem lateinischen Begriff "Vitrum", der für Glas steht. In der allgemeinen Physiklehre beschreibt die Vitrifikation das Festwerden einer Flüssigkeit durch Erhöhung ihrer Viskosität während des Abkühlungsprozess, wobei eine Kristallisation ausbleibt und somit ein amorphes Material (Glas) entsteht.


Vitrifikation von keramischen Stoffen

In der keramischen Lehre wird mit Vitrifikation der Abkühlungsprozess bezeichnet, der nach dem Verschmelzungsprozess von verschiedenen Tonen (Clay), Kaolin und anderen irdenen Rohstoffen eintritt und den durch Brand gesinterten Scherben wasserundurchlässig macht. In der Porzellanherstellung ist die Vitrifikation der letzte Teil der "Glasphase".

Der Einfluss unterschiedlicher Glasphasen spielt in der Herstellung von keramischen Stoffen - wie auch beim Porzellan - in vielerlei Hinsicht eine wichtige Rolle. Das nicht nur bei der namensgebenden transparenten Glasur. Vor allem im Scherben entsteht während des Hochbrandes eine Schmelzphase, die bei vielen keramischen Kombinationen während des Abkühlens unterschiedlich glasig erstarren. So hat das zwischen 1.320 °C bis 1.400 °C gebrannte Feldspatporzellan einen Anteil von etwa 60 % Glasphase und 30% Mullit (Temperaturabhängigkeit der Gleichgewichtsphasen einer Porzellanmasse aus 50% Kaolin, 25% Feldspat und 25 % Quarz).

Letztlich bestehen alle keramischen Geschirre mehr oder weniger aus durch Verschmelzung gesinterten Silikatmineralien, unterscheiden sich aber im Grad ihrer Vitrifizierung. Somit stellt der Begriff "Vitrified" keine besondere unikate Fertigungsart oder ein einmaliges Qualitätsmerkmal dar. Viel entscheidender ist die Frage: WAS wurde bei WELCHER Temperatur vitrifiziert


Vitrifikation von Porzellan (Glasphase - Abkühlung)

Echtes Feldspatporzellan (50% Kaolin, 25% Feldspat und 25 % Quarz) wird zwischen 1.300 °C und 1.400 °C gebrannt. Aufgrund der Rohstoffe und der Höhe der Brenntemperatur entsteht aus dem Mineraliengemisch das für Porzellan maßgebende Nadelmullit.

Nach dem höchsten Brennpunkt im Ofen beginnt die Abkühlungsphase (Glasphase). Die Masse wird bei großer Hitze langsam heruntergekühlt. Scherben und Glasur verbinden sich zu einer homogenen Kombination zweier Schichten mit nahezu demselben Ausdehnungskoeffizienten. Die Porosität des Scherbens beträgt 0,01 bis max 0,03% und seine Dichte 2,1 bis 2,6 g/cm3.

In der Porzellanherstellung ist die Vitrifikation ein ganz natürlicher Prozess. 


Abkühlungsphase von Keramik-Geschirren 

Wir erklären in diesem Abschnitt das Verhalten gewöhnlicher Gebrauchskeramik, das sich sehr stark von der technischen und medizinischen Keramik absetzt. Im Geschirrsektor ist solche Keramik bekannt als Steinzeug, Steingut und Stoneware.  

Aufgrund der niedrigeren Brenntemperatur - zwischen 1.000 °C und 1.260 °C und die dem Porzellan untergeordneten Rohstoffen (Ton statt Kaolin) findet in keramischen Geschirren keine Nadelmullitbildung statt. In der Abkühlungsphase ist die Glasphasenbildung im Vergleich zum Porzellan nur minimal und erreicht eine Porosität des Scherbens von 0,5 bis 13% und eine Dichte von 0,19 bis 2,0 g/cm3 je nach Materialkomposition und Brenntemperatur. Der Porzelliner spricht bei solcher Keramik von einem Ausbleiben der Glasphase. 

Damit sind diese keramischen Geschirre dem Porzellan im Hinblick auf ihre physische Stabilität und Oberflächenresistenz deutlich unterlegen. Sie brechen schneller. Schon unter geringer chemischer oder mechanischer Last verkratzen und korrodieren die Glasuren. Durch die unterschiedlichen Brenntemperaturen von Glattbrand und Glasurbrand haben Scherben und Glasur keramischer Geschirre einen voneinander abweichenden Ausdehnungskoeffizienten, was die Keramik auch gegen thermische Belastungen empfindlich macht (siehe Craquelerisse). 


Vitrifikation von Tableware (Vitreous China)

Aus den Wurzeln der englischen Staffordshire Potteries (Töpfereien aus der Stadt Staffordshire/Mittelengland) erwuchsen im Nachkriegsengland Hersteller wie Churchill, Dudson, Steelite u.a. Die älteren Generationen kennen bestimmt noch die englischen Service "Jagdmotiv" aus den 1970ern in den Farben blau und rosa. Diese Betriebe waren spezialisiert auf die Herstellung von Earthenware, einer niedrig gebrannten Keramik, die ein Unterglasurverfahren erlaubte. Sie adaptierten das in den 1940er Jahren in den USA erfundende Verfahren zur Verhärtung von Sanitärkeramik (Waschbecken und Klooschüsseln) mit dem Namen Vitrification und setzten es für die Herstellung von Keramikgeschirren um. 

Die Vitrifikation führt durch die Beigabe eines sehr fein gemahlenen Quarzgemisches, Nephelinsyeniten und weiteren Additiven zu einem dem Feldspat ähnlichen Flussmittel für den Verschmelzungsprozess, der im Hartbrand ein homogeneres Gefüge und eine verringerte Porosität erzielt. Kurz: Der keramische Scherben wird duch eine künstliche Glasphasenverstärkung verdichtet. Damit wird eine dem Porzellan ähnliche Wasserundurchlässigkeit erreicht, und der Scherben ist in Bezug auf Stabilität und mechanische Resistenz dem gewöhnlichen Feldspat-Porzellan vielfach sogar überlegen.

Durch die niedrige Brenntemperatur ist es möglich, auf keramischen Geschirren wie der Vitrified Tableware ein kräftigeres Farbenspiel in der Dekoration darzustellen, was sie aber leider nicht haltbarer macht. 

Wie ihrem Grundstoff obliegen auch dem Vitrified China unterschiedliche Brenntemperaturen von Glattbrand und Glasurbrand im unteren Temperaturbereich (1.100 bis 1.240 °C). Damit haben auch Scherben und Glasur solcher vitrifizierten Keramikgeschirre unterschiedliche Ausdehnungskoeffizienten. Dadurch kommt es - anders als beim Steinzeug und Steingut - meist nicht zu Craquelerissen, sondern zu einer höheren Empfindlichkeit gegen Korrosion und Glasurabrieb.

Das in der Werbung als besonders stark dargestellte Vitrified China erhebt diese Veredlungstechnik über die gewöhnliche Keramik und Earthenware hinaus, dokumentiert aber andererseits eine Mullit-ersetzende Glasphase, die dem Porzellan unterlegen ist. 


Glasphase unseres High-Alumina-Porzellans

Da die Glasphase in der Herstellung echten Porzellans ein natürlicher Prozess ist, vermeiden wir es, die Überschrift dieses Abschnitts als "Vitrifizierung des Porzellans" zu bezeichnen. Würden wir es - aus Sicht der Werbung - den englischen Firmen gleichmachen, müssten auch wir diesen - den meisten Verbrauchern übrigens unbekannten Werbeslogan "Vitrified" - besonders herausheben. 

Das High-Alumina-Porzellan wird zwischen 1.350 °C und 1.400 °C gebrannt und damit höher als gewöhnliches Feldspatporzellan. Durch die Beigabe von angereichertem silikatmineralem Aluminiumoxid (Al2O3), einem extrem dichten und harten Korund, erhöht sich der Mullitanteil in der Glasphase erheblich. Details dazu möchten wir bitte nicht preisgeben. Jedenfalls bedeutet "erheblich" eine dem gewöhnlichen Feldspat-Porzellan überlegene Bruchfestigkeit bis zu 400% und mehr. Die PorositätDichte und Stabilität des High-Alumina-Porzellans ist auch Vitreous China überlegen

Entscheidend für die Qualität und Haltbarkeit des High-Alumina-Porzellans ist aber die homogene Verbindung von Scherben und Glasur mit nahezu demselben Ausdehnungskoeffizienten durch den gemeinsamen Hartbrand, in dem Scherben und Glasur gleichzeitig miteinander verschmelzen. Diese Homogenität und der hohe Anteil von Nadelmullit machen das High-Alumina-Porzellan thermoschockresistent (+-180 °C).

In allen Gebrauchsdisziplinen ist das High-Alumina-Porzellan dem Vitreous China und auch dem gewöhnlichen Feldspatporzellan überlegen - das ist für den Verbraucher von hohem Nutzen und hoher Nachhaltigkeit.

 

Zuletzt angesehen