Biskuitbrand

Biskuitbrand - der Vorbrand in der Porzellanherstellung


 

 

 

In der Porzellanherstellung gibt es zwei Brandverfahren. Einerseits den Monobrand (Einmalbrandverfahren) und andererseits ein Dualbrandverfahren, das aus zwei Bränden besteht. Das Dualbrandverfahren teilt sich auf in den Erstbrand - auch Biskuitbrand, Glühbrand, Schrühbrand, Raubrand oder Verglühbrand genannt - sowie in den zweiten Brand, der auch Glattbrand genannt wird und der Hauptbrand ist. Der sogenannte Biskuitbrand ist also die Vorstufe des Glattbrandes (Hauptbrand). Der Name bezeichnet den Zustand des Porzellans nach dem ersten Brennvorgang, das sich dann in einem biskuitharten Zustand befindet. 

Im Glattbrand beginnt bei ca. 450 °C die Dehydration des Kaolins. Dieser Abspaltungsprozess ist mit einem Maximum bei 580 °C bis 650 °C abgeschlossen. Da die Reaktion zum amorphen Metakaolinit endotherm ist, muss Energie zugeführt werden. Die hierbei auftretende Masseänderung schließt sich der des Entbinderungsprozesses unmittelbar an. Die bei etwa 570 °C stattfindende Quarzumwandlung hat im Glühbrand keine Bedeutung, da im ungesinterten Grünkörper die Volumenexpansion durch die Quarzumwandlung von der plastischen porösen Masse kompensiert wird.

Bei weiterer Erhitzung beginnt bei etwa 925 °C bis 950 °C eine neue Phase. Der Porenraum im Körper wird kleiner und die Masse beginnt sich stark zu verdichten. Um die Effizienz für die Aufnahme der Glasur noch zu gewährleisten, wird an dieser Stelle der Biskuitbrand abgebrochen. Beim Biskuitbrandprozess ist besonderes Augenmerk auf die Temperaturbereiche zu legen, in denen Diffusionsprozesse stattfinden, die bei  Überdruck im Scherben zu Spannungsfeldern und damit zum Bruch des Artikels führen.

Wird der Biskuitbrand zu früh beendet, besteht hier die Gefahr, dass Restkohlenstoffgehalte bei ungenügendem Ausbrand erst im anschließenden Glattbrand Qualitätsmängel hervorrufen. Hohe Spannungen im keramischen Körper, die durch Volumenänderungen entstehen, die wiederum durch Kristallgitterumwandlungen hervorgerufen werden, können in ihren negativen Auswirkungen durch eine langsame Zunahme bzw. Abnahme der Temperatur in den entsprechenden Temperaturbereichen vermieden werden. Auch hier spielt der Faktor Zeit wieder eine wichtige Rolle. 

Dieser Vorbrand ist eine Erfindung der europäischen Porzellanindustrie und ursprünglich dem dünnen Haushaltsporzellan geschuldet. Je dünner die Form eines Grünkörpers ist, desto empfindlicher und schwieriger verhält er sich in der Weiterverarbeitung. Ein dünner Porzellankörper lässt sich ohne einen Vorbrand kaum glasieren, der Ausschuss durch Aufquellen und Rissbildungen ist erheblich. So kamen die Porzellanfabriken schon um 1820 darauf, dieses Problem durch einen Vorbrand zu lösen. 

In dieser Brennphase ist die Anordnung der Artikel im Ofen noch unkritisch. Die Teile können sogar auf- oder ineinander gestellt werden, während die Masse in den biskuitähnlichen Zustand hochgebrannt wird.

Nach dem Biskuitbrand ist die Feuchtigkeit nahezu vollständig aus der Rohmasse gewichen, der Schrumpfungsprozess ist weitgehend abgeschlossen. Die Masse hat ihre Plastizität verloren und die zugedachte Formgebung erreicht. Aus der Masse, die vor dem Biskuitbrand formbar war, ist nun der biskuitharte Scherben geworden, der eine Porosität von etwa 20 - 22% aufweist. Nach dem Biskuitbrand kann das Porzellan von unerwünschten Reststoffen, Nähten, Hauben etc. befreit werden. Dieser Biskuitzustand des Porzellans stellt die Vorstufe zur Glasur dar.

 
Die empfohlene Temperaturzunahme für einen Biskuitbrand des Porzellans sollte etwa 50 °C pro Stunde betragen. Bei Hartporzellan beträgt die Spitzentemperatur circa 800 °C - 1.000 °C. Sie verleiht dem Scherben die Festigkeit zur Weiterverarbeitung. 

 

--------------------   Soweit die Lehrbücher   -------------------- 

 

Unerwähnt von den Herstellern (gemeint sind sowohl die Maschinen- als auch die Porzellanhersteller hierzulande) ist die Tatsache, dass der heutige Vorbrand - als negative Entwicklung der industrialisierten Porzellanherstellung - inzwischen unumgänglich geworden ist. Dies gilt sowohl für einen dünnen Haushaltsscherben als auch für das halbstarke Hotelporzellan. Die moderne Technologie hat sich in dem Bestreben, immer größere Mengen in immer kürzerer Zeit herzustellen, quasi selbst überholt. Moderne Schnellbrandöfen können heute ohne einen vorgelagerten Biskuitbrand nicht mehr arbeiten, da die Glasur - als Deckschicht auf dem Grünkörper - zuerst schmilzt und somit die Entgasungsreaktionen der unterschiedlichen Rohstoffe im Sinterungsprozess nicht mehr freigeben würde.  

Damit hat sich die europäische Porzellanindustrie nicht nur in punkto Nachhaltigkeit und Umweltschutz ein Eigentor geschossen, sondern sich auch höhere Herstellungkosten geleistet. Im Vergleich zum asiatischen Monobrandverfahren beklagt der Industriezweig der europäischen Porzellanhersteller an dieser Stelle eine Benachteiligung zu Unrecht. 

In der Praxis wird der Biskuitbrand sehr unterschiedlich durchgeführt. Eine Regel lässt sich hier leider nicht ableiten. Es ist bekannt, dass die Tone des Steinguts eine Verglühtemperatur von 950 °C bis 1.300 °C benötigen und damit im Erstbrand erheblich höher gefahren werden als das qualitativ bessere Porzellan. Trotz der höheren Verglühtemperatur ist der Scherben des Steinguts deutlich poröser als der des Porzellans. Das erklärt, warum bei Steingut die Farben der Glasur nicht nur strahlender sind als beim Porzellan (niedrigere Brenntemperatur), sondern auch dichter und dicker (höhere Aufnahmeffizienz). 

In der nachfolgenden Tabelle stellen wir einige der uns bekannten extremen Unterschiede und Variationen des Biskuitbrandes dar.

 

Kriterium

Medium

Produktionsstätten

Beispielwerk 1 Beispielwerk 2

Ofen

Blockofen

viele

X  

 

Tunnelofen

viele

  X

Temperaturzunahme / h

30- 70 °C

viele

  X

 

50 - 100 °C

viele

   

 

Ohne Kontrolle

viele

X  

Brenndauer

6 - 8 Stunden

viele

X  

 

9 - 12 Stunden

viele

   

 

13 -15 Stunden

sehr wenige

   

 

> 16 Stunden

2 Fabriken

  X

Höchsttemperatur

bis  800 °C

viele

X  

 

bis 1.000 °C

einige

   

 

> 1.000 °C

einige

  X

Temperaturabnahme

3 - 5 Stunden

viele

X X

 

> 6 Stunden

einige

   
 
 
Aus Sicht der Hersteller gibt es viele Gründe für bzw. gegen einen Biskuitbrand. Viele Gründe zugunsten des Biskuitbrandes ergeben sich aus einer Eigenschaft der industriellen Porzellanfertigung: Die Menge des Produktionsausstoßes der Maschinen - z.B. die von großen Taktstraßen - ist so groß, dass man die Zeit, die für die Reifung des Porzellans eigentlich notwendig ist, durch den Einsatz von Technik verkürzen muss.
 
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